Hygge
und die skandinavische
Kunst zu leben
Simon Ladner über seine Liebe zum Norden und zur Gemütlichkeit.
Frönte man in der Vergangenheit oft dem Savoir-vivre der Franzosen oder beneidete Italien für das Dolce Vita, so blickt man heute immer öfter gen Norden und bewundert die Skandinavier und hier besonders die Dänen, für ihre Kunst zu leben. Hygge, die erfüllende Gemütlichkeit, scheint plötzlich in aller Munde zu sein und erfreut sich auch hier bei uns immer größerer Beliebtheit. Einer von denen, der den skandinavischen Lebensstil in all seinen Facetten kennt, schätzt und auch mit unserer Kultur in seinem alltäglichen Leben zu vereinen weiß, ist Simon Ladner von der Area-Geschäftsleitung. Für ihn gibt es nichts Inspirierenderes, als in ‚seinem’ Schauraum in Linz über den nördlichen Lebensstil zu plaudern und dabei Ideen zu entwickeln, wie man Hygge in den eigenen vier Wänden umsetzen kann. Wie an jenem Freitag im Juli...
Simon, Hygge macht glücklich. Warum?
Hygge kann man in dem Sinne nicht wirklich übersetzen – es ist ein Lebensgefühl und auch eine Einstellung. Für mich hat es mit Wohlbefinden zu tun, wenn ich einen Raum oder eine Wohnung betrete – wenn ich z.B. die Wohnung von Freunden in Schweden besuche, habe ich sofort ein freudiges Gefühl und fühle mich wohl.
Was bedeutet Hygge für Dich? Generell und auch für dein doch sehr skandinavisch-geprägtes Leben? Da muss doch mehr dahinterstecken als die allgegenwärtigen Deko-Kissen und Duftkerzen...
Für mich hat es damit zu, sich mit dem Wohnen und Leben bewusst auseinander zu setzen. Das kann auch bedeuten, alte, bestehende Möbel mit neuen Designerstücken zu kombinieren oder sich zu trauen, eine neue Wandfarbe an die Wand zu geben. Mit Dekoration oder Accessoires dafür eher wenig.
Verwundert, dass dieser Trend gerade aus Skandinavien auf Europa herüberschwappt? Warum gerade von dort?
Das Leben dort ist generell teurer als in Resteuropa. Die Menschen gehen nicht ständig ins Kaffeehaus oder Restaurant. Man lädt Freunde, Bekannte, Familie und Arbeitskollegen zu sich nach Hause ein. Dadurch ist es den Menschen wichtiger, wie sie eingerichtet sind und nicht welches Auto vor dem Haus steht. Ein weiterer Punkt ist sicher die viel verwurzeltere Design-DNA, mit der man sich schon als Schüler auseinandersetzt. Designväter wie Arne Jacobsen, Hans Wegner oder Alvar Aalto tun ihr Übriges dazu und vermitteln mit ihren Möbeln eine Identität, die dort immer noch sehr stark gelebt wird. Auch im öffentlichen Raum!
Im Zusammenhang mit Skandinavien und hier besonders Dänemark hört man immer wieder, dass die Menschen glücklicher und mit ihrer Welt im Reinen sein sollen. Die Frage an dich als Kenner und Liebhaber dieser Kultur: Tatsache oder besonders gut überlegte Marketingbehauptung?
Das ist sehr schwierig zu beantworten. Ich habe die Menschen dort immer als sehr freundlich, zuvorkommend, fröhlich und somit in der Erscheinung auch glücklich erlebt. Es wird aber natürlich auch ein gewisser gesellschaftlicher Druck ausgeübt und durch das oft schlechte Wetter ist es sicher nicht immer leicht. Aber ich denke der Bevölkerung dort wird sehr viel geboten und auch die Arbeitsbedingungen sind sehr fair und lebenswert. Gerade auch für Frauen.
Wenn man AREA in Salzburg und natürlich auch in Linz betritt, dann umweht einen sofort das Flair skandinavischen Designs. Was ist denn das Besondere an dieser speziellen Art des Wohnens und Lebens und findet sich Hygge auch dort wieder?
Sicher ein gewisses Farbkonzept in gedeckten Farben, das in zarten Blau-, Grau- und Erdtönen die Natur widerspiegelt. Auch das Spiel mit vielen natürlichen Holzoberflächen, die auch gerne gemischt werden dürfen. Natürlich versuchen wir mit unseren Inszenierungen dem Kunden einen Anreiz zu geben, wie gewisse Möbel zueinander wirken können.
Gibt es ein paar Stücke bei Euch im Schauraum, die diesen Lifestyle besonders widerspiegeln? An denen man den skandinavischen Einrichtungsstil besonders gut sieht?
Definitiv! Klassiker wie der Egg Chair und Swan Chair von Fritz Hansen, der Wishbone Chair und Shell Chair von Carl Hansen, aber auch zeitgenössische Stücke wie die Afteroom Serie und das Tailor Sofa von Menu sowie Catch Chair und In Between Chair von &tradition. Allesamt in skandinavischen Stoffen von Kvadrat. Gerade auch die neuen Accessoires von Menu und Fritz Hansen ergänzen die Möbel perfekt.
Stichwort Carl Hansen und Menu – die neuen Brands bei AREA, beide aus Skandinavien. Erzähl doch ein bisschen was darüber und warum sie es zu euch geschafft haben.
Wir sehen es als perfekte Ergänzung für unser Portfolio, nehmen aber gleichzeitig nur äußerst selten neue Hersteller auf. Wir sind persönlich große Verehrer von Hans Wegner und schätzen die Durchgängigkeit und Oberflächen von Carl Hansen. Eine kaum veränderte Kollektion über die Jahre mit dem wahrscheinlich besten Massivholzstuhl der jemals entworfen wurde. Bei Menu ist es der Umgang mit jungen Designern und der Mut neues zu wagen, der uns sofort begeistert hat. Mit der sehr umfassenden Kollektion auch im Accessoiresbereich können wir unsere Projekte noch ganzheitlicher gestalten. Das bietet uns gute Möglichkeiten, noch unbekannte Produkte in unsere Gestaltung zu integrieren. Wir freuen uns immer sehr wenn solche hochwertigen Hersteller auf uns zukommen, unsere einzigartige Arbeitsweise wertschätzen und mit uns zusammenarbeiten wollen.
Warum glaubst du, legen die Skandinavier besonderen Wert auf Gestaltung und wie konnten sich Städte wie Kopenhagen in so kurzer Zeit zu internationalen Design-Hauptstädten entwickeln?
Weil es eben dort zur Identität der Einwohner gehört. Das fängt bei Kleidung und Stil an, geht über Fahrräder und Tattoos und dann auch weiter in das Thema Einrichtung. Ich glaube, es hat auch mit einer gewissen Freude am Schönen zu tun und fungiert als Ausdruck einer speziellen Lebensqualität. Zudem ist in Skandinavien gute Gestaltung allgegenwärtig. Schlichtheit und Hochwertigkeit tun ihr Übriges, um diese sehr zeitlos wirken zu lassen. Warum sie sich dazu entwickelt haben ist ganz klar mit einer sehr hochwertigen Bedeutung von Architektur und Raumplanung zu beantworten. Da Kopenhagen mit sehr viel Zuzug umgehen muss, werden ganze Viertel und Stadtteile neu entwickelt. Aber eben hochwertig und mit einer Idee dahinter. Auch der öffentliche-, sowie der Fahrradverkehr spielen hier immer eine wesentliche Rolle.
Wo trifft man Design in diesen Ländern?
Ich würde mal sagen, so ziemlich überall. Wenn man sich Restaurants wie das Noma, Höst oder Amass ansieht, dann sogar beim Essen!
Jetzt haben wir in Österreich und Deutschland auch einen sehr speziellen Lebensstil und eine Identität, die man in unseren Lebensbereichen natürlich auch nicht ganz verleugnen will. Wie kann man skandinavisches Design hier gut integrieren? Kombinieren?
Absolut und das soll man auch nicht verleugnen. Wir haben es leider nur etwas verlernt oder vergessen – man denke z.B. nur an Adolf Loos oder Otto Wagner. Auch heimelige Zirbenstuben haben für mich durchaus etwas Skandinavisches wenn man so will. Auch wenn sie natürlich absolut österreichisch sind. Aber der Umgang mit Holz in seiner natürlichen Form, möglichst unbehandelt, ist auch in Österreich wieder stark auf dem Vormarsch und kann sehr gut mit skandinavischem Design kombiniert werden. Die Handwerklichkeit und Ehrlichkeit der Produkte sollten wieder mehr im Vordergrund stehen.
Abschließend eine etwas offenere Frage: Was kann die Welt von den Skandinaviern lernen, worin sind sie Vorreiter?
Ich würde sagen zum einen den Umgang mit der Umwelt – Fahrradfahren, öffentliches Verkehrsnetz, angestrebte CO2-Neutralität und dem rigorosen Umgang damit. Durch sehr junge Politiker (damals) wurde einfach umgesetzt anstatt lange darüber zu diskutieren. Und zum anderen natürlich Hygge!