Volles Risiko?!
Christian Dreyer
Der Investor und Abenteurer Christian Dreyer im Essentials-Talk
Christian Dreyer bezeichnet sich selbst als Risiko-Junkie. Als Investor, Sportler und als Mensch. Immer wieder Neues ausprobieren, niemals stillstehen und dennoch umkehren, wenn der kritische Punkt zu nahe erscheint. So gibt er das auch an seine Kinder weiter. In seinem Büro im Salzburger Nonntal hat alles seinen Platz. Clean und aufgeräumt. Die Möbel sind von AREA, dabei verlässt er sich gern auf Profis. USM und Vitra. Als Kontrapunkt dazu der Blick durchs Fenster auf die Wände des Untersbergs. Alles, was Christian Dreyer mag.
Herr Dreyer, was ist gutes Design für Sie?
Klare Linien. Ich liebe Hotels. Und ich hasse es, mich selbst einzurichten. Ich bin kein Designer, ich will mir darüber keine Gedanken machen. Ich möchte in einen Raum gehen und mir denken, das passt. Das war auch hier im Büro so. Ich will über Formen und Farben nicht nachdenken. Deshalb war die Zusammenarbeit mit AREA so super. Weil ich mich auf Profis verlassen will. Ich habe gesagt, bitte macht mir das und wie es dann ist, passt das. Ich habe wirklich sehr wenig mitgesprochen.
Wie würden Sie Ihren Stil am Arbeitsplatz beschreiben?
Total ordentlich. Das ist mir oft peinlich. Alles muss dort sein, wo ich mir das vorstelle. Alles hat seinen Platz, jeder Stift, jedes Stück Papier. Der Grund ist ganz einfach: Ich will keine Zeit verschwenden. Ich konzentriere mich auf die kreativen Dinge. In meinem Sinne kreativ. Bilanzen durchschauen zum Beispiel. Da soll kein Zettel herumschwirren, der mich stört. Ein spießiges Konzept, ich weiß.
Was sind drei Dinge, die Sie mögen und drei Dinge, die Sie nicht mögen?
Die, die ich mag, fallen mir leichter. Berge, gute Gespräche und ebensolche Bücher. Was ich überhaupt nicht mag, ist Negativismus, Jammerei und Langeweile. Früher habe ich versucht, die Welt zu ändern. Davon bin ich abgekommen. Heute vermeide ich. Man kann die Menschen nicht ändern, man kann sich nur damit arrangieren, wie sie sind. Diese Erkenntnis war eine Erleichterung.
Gibt es Helden in Ihrem Leben?
Mein Großvater ist ein Held. Er wurde 1904 geboren und war Bezirkshauptmann. Er hat im Chaos der Welt zwar den Glauben an das Gute verloren, jedoch nicht seine Ehre und das Ethos, das Richtige im Leben zu tun. Egal ob es ihm selbst nützte oder schadete. Werte, an die ich ebenfalls glaube.
Sie sind Vater. Was sind die Werte, die Sie wiederum Ihren Kindern weitergeben möchten?
Ich muss die Frage ein bisschen einschränken, weil ich ihnen konkret nichts weitergeben will. Was mich allerdings am meisten freuen würde, ist, wenn sie ihre eigene Motivation entwickeln würden. In welche Richtung auch immer. Und natürlich möchte ich Ihnen die möglichst beste Ausbildung ermöglichen. Denn das ist das Sinnvollste, was ich mit meinem Geld anfangen kann. Und ihnen zeigen, dass das Leben ein bisschen wie ein Spiel ist und man Risiken eingehen soll. Ein ernstes Spiel natürlich, aber man darf es auch nicht zu ernst nehmen.
Wie lernen Sie Ihren Kindern Risiko einzuschätzen?
Man muss von mir wissen, dass ich Risiko-Junkie bin. Sowohl beruflich als auch sportlich. Es ist für mich das Salz in der Suppe des Lebens. Aber man muss natürlich auch ein bisschen aufpassen, Situationen richtig ein- und abschätzen. Ich möchte also an meiner Kinder weitergeben, dass das Risiko nicht etwas ist, dass man vermeiden soll, sondern dass es das Leben erst spannend macht.
Sie sind Bergsteiger und haben schon viele schwierige Touren bewältigt. Wie schaut hier Ihr persönliches Risikomanagement aus?
Alles dreht sich um eine Frage: Gehe ich weiter, oder dreh ich um? Ich drehe sehr oft um, habe dafür aber keinen festen Plan. Ich wäge ständig ab, ob etwas noch vertretbar ist. Das ist im Business auch so. Ich habe eine Firma, die schlecht läuft und überlege, ob ich da noch weiter investiere. Wie auch in Beziehungen. Man ist schon zwei Jahre zusammen. Mache ich weiter, wird das noch besser? Oder fange ich etwas Neues an?
Suchen Sie immer nach neuen Herausforderungen?
Ja, schon mein ganzes Leben. Ein Beispiel: Ich wollte vor ca. fünf Jahren mit einem Wingsuit aus der Eiger-Nordwand springen. Als Bergsteiger habe ich zwei der fünf großen Nordwände der Alpen schon durchstiegen. Die Eiger wollte ich nicht klettern, aber vom Magic Mushroom hinunterspringen. Man muss dafür ein sehr guter Fallschirmspringer sein. Ca. 300 Sprünge aus einem Flugzeug sollte man schon auf dem Konto haben, um mit dem Base-Jumping beginnen zu können. Also habe ich einen Fallschirm-Kurs gemacht, es aber nicht geschafft, mich mit dem Suit richtig zu stabilisieren. So kam die Entscheidung, dass das doch nichts für mich ist.
Gibt es einen Sinn im Leben?
Eine Frage, die mich neulich mein 10-Jähriger gefragt hat. Ich habe ihm geantwortet, es gibt keinen übergeordneten Sinn, den muss man für sich selber finden. Der kann in vielen Dingen liegen, aber wo er für dich liegt, musst du selber herausfinden. Ich weiß nicht, ob das eine gute Antwort für einen 10-Jährigen ist.
Was würden Sie gern besser können?
Das ist eine schwierige Frage, da fällt mir nichts ein. Auch wenn es viele Dinge gibt, die ich nicht kann. Aber wenn ich etwas können möchte, dann werfe ich mich darauf und lerne es.
Unter welcher Überschrift soll Ihr Leben irgendwann einmal stehen?
Da geht es schon um das Experimentieren. Es wurden ja mal 80-Jährige gefragt, was sie im Leben bereuen. Und da war ganz selten etwas dabei, was sie getan haben. Bereut haben sie nur die Dinge, die sie nicht erlebten. Wenn die Leute also einmal sagen, er hat alles probiert, dann ist es gut. Und dass ich mich nicht gescheut habe, etwas durchzuziehen. Es kann auch peinlich sein, mit 55 unter lauter 25-Jährigen einen Fallschirmkurs zu beginnen. Da braucht man Selbstbewusstsein, das muss dir wurscht sein.