Guter Raum
Meinhard Lukas
Rektor Meinhard Lukas im Essentials-Talk
Kreuzungen im Leben gehen immer mit einer gewissen Retrospektive einher. Das weiß auch Meinhard Lukas, im September 2023 scheidender Rektor der Johannes Kepler Universität Linz. Was das Schöne an den acht Jahren im Amt war, warum seine drei Schwäne imprägniert sind und was einen Raum ausmacht, erzählt er uns an einem der letzten Tage in seinem wunderschönen Büro am Uni-Campus.
Wir sitzen hier an dem Ort, von dem aus Sie acht Jahre lang die Geschicke der JKU als Rektor gelenkt haben. Ein guter Raum?
Das ist ein irrsinnig guter Raum. Obwohl er verschwenderisch groß ist. Das war durch den Denkmalschutz vorgegeben. Ich brauche Räume, in denen ich mich wohlfühle. Sowohl zu Hause als auch in der Arbeit. Ein Raum muss von der Atmosphäre funktionieren. Hier gibt es Dinge die man beschreiben kann und solche, die unterbewusst passieren. Der Raum muss proportional geschnitten und architektonisch gut entwickelt sein. Die Möbel müssen passen. Und Kunst spielt für mich eine große Rolle. Größe dagegen ist überhaupt nicht wichtig.
Was sind drei Dinge, die sie als Mensch mögen? Und welche nicht?
Meine Familie, außerdem gute Gesprächspartner, schöne Landschaften und gute Architektur. Was ich ablehne, ist Zeitverschwendung, dann Unehrlichkeit und schlechte Architektur. Auf Zeitverschwendung reagiere ich mit Ungeduld. Und auf Unehrlichkeit mit großer Offenheit und Geradlinigkeit. Ich spreche sie an und adressiere sie. Ich bin aber auch nicht sehr nachtragend.
Was ist denn für Sie der Sinn des Lebens?
Die Erfüllung der eigenen Möglichkeiten. Die Chancen, die sich am Weg ergeben, für sich, die Familie und die Gesellschaft zu ergreifen und zu nutzen. Wirklich zufrieden mit mir selbst bin ich nie. Weil man immer hinter dem bleibt, was man sich vornimmt. Aber im Großen und Ganzen ist es okay und ich nehme die Chance wahr, die sich mir bieten.
Was ist in ihrem Leben essenziell?
Familie steht an vorderster Stelle. Meine Frau und meine Töchter. Freundschaften und lebenslanges Lernen. Nichts macht mir mehr Spaß, als wenn ich etwas, das ich nicht verstanden habe, plötzlich verstehe. Ich habe ein Beispiel. Wir haben auf der JKU diesen fantastischen Forschungsbereich Künstliche Intelligenz. Ich habe mit dem Aufkommen von ChatGPT probiert zu verstehen, was dahintersteckt. Ich verstehe das auch heute nicht wie ein KI-Experte, aber die generative KI verstehe ich. Und das ist für mich etwas unglaublich Erfreuliches.
Sie sind bekannt als Liebhaber guten Designs. Wo finden Sie solches?
Das Wichtigste bei gutem Design ist, dass es nicht modisch ist. Wir sitzen zum Beispiel jetzt auf einem Stuhl, der nie modisch war. Dennoch war der Schwan von Arne Jacobsen immer zeitgemäß. Design, das nicht funktionell ist, ist ebenfalls kein gutes Design. Es darf aber schön sein, die Ästhetik spielt eine große Rolle.
Wie entscheiden Sie sich für Möbel?
Einerseits sehr spontan. Es kann aber auch sein, dass ich während einer Internetrecherche über ein Stück stolpere und dieses haben möchte. Dann rufe ich bei AREA an und frage, ob sie das besorgen können. Ich würde mir aber nie ein Möbel kaufen, für das es keinen Grund gibt. Belanglosigkeit in diesem Thema oder generell Belanglosigkeit gibt es bei mir nicht.
Wie wichtig ist die Geschichte hinter einem Stück?
Sehr! Ein Freund von mir, Norbert Trawöger, der künstlerische Leiter des Bruckner Orchesters, spricht immer von einer Imprägnierung. Und meint damit die Geschichten, die hier passiert sind. Durch die ist der Raum, das Möbel oder sonst was imprägniert. Sie haften ihm an. Während wir reden, denke ich daran, wer hier schon gesessen ist und welche Geschichten passiert sind.
Ist ein Arbeitsplatz jemals fertig?
Nein, weil nichts im Leben jemals fertig ist. Veränderung im Sinne von Weiterentwicklung. Mein Nachfolger soll alles ganz anders machen, so wie ich alles ganz anders gemacht habe.
Warum haben Sie sich für diesen Stuhl von Fritz Hansen entschieden?
Dieses Büro ist mit dem Architekten Max Luger entstanden, mit dem ich seit vielen Jahren über Architektur diskutiere. Und natürlich haben wir auch darüber gesprochen, welcher Stuhl hier hereinpassen würde. Eines dieser Gespräche fand bei AREA in Linz statt. Das Modell war sehr schnell klar, was wir aber intensiv durchkauen mussten, war das Leder. Simon Ladner von AREA Linz hat mich dann dazu gebracht, Naturleder zu nehmen. Dafür bin ich heute noch sehr dankbar. Denn wenn man nur das Muster sehen würde, würde man es nie auswählen. Jetzt, in dem Bewusstsein und mit der Idee der Imprägnierung bin ich ein großer Fan der angelegten Patina. Die Stühle gehen auch mit ins nächste Büro. Sonst bleibt alles hier.
Was war das Schöne an den vergangenen acht Jahren im Amt?
Die Begegnung mit den Menschen. Alle hatten sie große Visionen. Für die Universität, aber auch für den Standort. Professor zu sein war immer mein Traumberuf. Deshalb freue ich mich auch dorthin zurückzukehren. Rektor zu sein auf der anderen Seite war spannend, ich wollte es aber nie länger als acht Jahre machen. Auch wenn ich die Professur mit dieser Erfahrung jetzt sicherlich anders anlegen werde. Man kann nicht zurückkehren, wenn man einen anderen Kosmos kennengelernt hat.
Unter welcher Überschrift soll ihr Leben einmal stehen?
Das Beste daraus gemacht!